Wuescht
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Der Wuescht

Am Schluss do kummet diä Schönschte

Absolute Gegenstücke zu den imposanten Narros sind die Wueschte, die ebenfalls zu den Traditionsfiguren der historischen Fasnet in Villingen zählen. Angeführt werden sie vom „Wueschtvater”, der eine Bärenscheme auf dem Kopf hat und die Wueschtfahne mit sich trägt. Die Bärenmaske ist neben dem Butzesel die zweite Tiergestalt in der historischen Villinger Fasnet, dürfte aber keine tiefere Bedeutung haben. Die Bärenmaske stammte aus Elzach und wurde der Narrozunft Villingen geschenkt.
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sie ein Wueschtvater für sich beansprucht und seither ist sie die Scheme des Wueschtvaters.

Bekleidet ist der Wuescht mit einem schäbigen, alten, abgewetzten und getragenen Narrohäs, das oftmals an vielen Stellen bereits geflickt ist. Modische Attribute wie Kragen, Foulard oder Masche fehlen. Seine Hose ist prall ausgestopft mit Stroh, sodass er kaum mehr laufen kann und dadurch mit seinem ungewöhnlichen Gang bei den Zuschauern am Straßenrand für viel Gelächter sorgt. Vor allem, wenn sich die ganze Truppe rennend in Bewegung setzt. Wenn die Wueschte in ihrer Gruppe, mit der nicht als Vermummung genutzten, sondern seitlich vors Gesicht gehaltenen, ramponierten alten Narro- oder Surhebelscheme, das Ende des historischen Umzugs bilden, rufen die Einheimischen voller Ironie: „Am Schluss do kummet diä Schönschte”.

Auf dem Rücken trägt der Wuescht ein breites, mit einer „Lumpendogge” (zerlumpte Puppe) und noch anderem Krimskrams individuell geschmücktes Holzbrett, das „Krätze” genannt wird. Auf das Brett werfen Kinder mit Schneebällen oder mit eigens am Straßenrand bereit gestellten Tannenzapfen. Früher war es durchaus üblich, dass auch Steine geworfen wurden. Diesen derben Spaß gibt es aus Verletzungsgründen heute aber nicht mehr. Zugelassen ist das Bombardement auf die Bretter allerdings nur, solange der Wuescht seinen Besen nach oben hält. Mit den (früher) Steinen, Schneeballen oder (heute) Tannenzapfen sollen die unförmigen und „wüschten“ Gesellen aus der Stadt getrieben werden.

Nach dem Umzug ziehen die Wueschte ohne ihre Bretter durch die Straßen und Lokale, um ihre meist derben Wueschtsprüchle vorzutragen. Nach dem „Singen” (Aufsagen) der Sprüchle bringen die Wueschte Strohsträußle an den Mann, eigentlich noch lieber an die Frau. Im Regelfall gibt es das Sträußle in den Hemden oder Blusenkragen, was in Villingen als besondere Ehre anzusehen ist, auch wenn das Stroh dabei auf der nackten Haut oftmals tierisch juckt.

Mit dem Verbrennen des Strohs der Wueschte und der gleichzeitigen Schlüsselrückgabe um 24.00 Uhr vom Fasnetdienstag zum Aschermittwoch endet die historische Villinger Fasnet.