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Die Altvillingerin

Von der Villinger Tracht zum Häs

Während ursprünglich das Fastnachtmachen reine Männersache war und Frauen oder auch Kinder bestraft wurden (z.B. durch Tauchen in einem Brunnentrog oder im offenen Stadtbächle), wenn sie maskiert angetroffen wurden, „wurde es zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann nach und nach Sitte, dass die Frauen und Jungfrauen sich als weibliche Masken den Narros anschließen durften”, schreibt Albert Fischer in seiner Betrachtung „Villinger Fastnacht – einst und heute” aus dem Jahre 1922. Man könnte auch sagen, im Zeichen der langsam zunehmenden Gleichberechtigung der Frau suchte sich der Narro als Begleiterin und Mäschgerle die Altvillingerin.

Für das Häs wurde die damals nur noch vereinzelt vorhandene Tracht aus der Zugehörigkeit zum Hause Habsburg verwendet. Über dem langen Kleid aus in sich gemustertem schwerem Seidenstoff trägt die Altvillingerin eine Schürze aus schillerndem Taft. Die Schultern werden von einem mit Fransen besetztem Seiden- oder Wollschal bedeckt, bei Kälte darf es auch ein durchwobener so genannter „Wienerschal” sein. Die im Regelfall goldgestickte, manchmal auch schwarze Radhaube, krönt die ganze Erscheinung und verleiht der Altvillingerin ein vornehm-würdiges Aussehen. Zu den weiteren Accessoires gehören schwarze Spangenschuhe oder schwarze Stiefeletten, weiße Strümpfe, weiße Handschuhe und oft schöner alter Granat-Schmuck, den es heute aber auch als gelungene Imitate zu kaufen gibt.

Die Altvillingerin als Begleiterin des Narro sollte grundsätzlich ebenfalls maskiert sein, damit die Anonymität des Narro gewährleistet bleibt. Um dies zu garantieren trägt sie heute eine dünnwandig geschnitzte Halbscheme, mit einem recht jugendlich-lächelnden Ausdruck. Bevor es entsprechende Masken aus Holz gab, musste sich die Altvillingerin mit einer Larve aus Wachs oder Pappe begnügen, die in keiner Weise ihrer schönen Erscheinung gerecht wurde und die meist nur eine einzige Fastnacht zu gebrauchen war. Einen von ihr oder ihrem Narro „gestrählten” Mitmenschen versöhnt sie mit einem „Schnupfede”, einer kleinen Süßig­keit aus ihrem „Schnupfdösle”, einer kleinen Bonbonniere.

Die Altvillingerin begleitet bei Bedarf auch den „Narrosomen” (Narrennachwuchs), sie schiebt die kleinen Maschgere und Mäschgerle in schön geschmückten alten Kinderchaisen (Kinderwagen) durch die Straßen.