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Villingen-Schwenningen - Zwei rundum gelungene Ballabende der Narrozunft. Närrische Einblicke in die Ober- und Unterwelt.

Endlich hat Villingen seinen Katerbrunnen. Die „Fälscherwerkstatt“ macht es möglich. Szene mit Matthias Reiner als „Herr Renndelin“ und den Fälschern Oliver Kienzler und Alex Brüderle (von links). Bild: Elke Rauls

Eigentlich war das närrische Feuerwerk auf der Bühne schon genug der Unterhaltung. Doch dann wurde der Zunftball der Historischen Narrozunft am Samstag auch noch durch einen Feueralarm angereichert. Glücklicher Weise war's nur ein Fehlalarm und die Zunft konnte ihr Programm nach kurzer Zwangspause ohne Stimmungsverlust zu Ende bringen.

Einmal mehr beeindruckend waren bei den Ballabenden am Freitag und Samstag, aus welchem imponierenden Reservoir an Personal und tollen Ideen die Zunft schöpfen kann. Besonderer Einfall dieses Mal: Das Ball-Team baute eine zweite Bühne und ließ das Programm auf zwei Ebenen abspulen, was nicht nur das Ballmotto „Obe wie unne“ widerspiegelte, sondern auch neue szenischer Möglichkeiten eröffnete.

Was „oben“ läuft, also in der Chefetage im Rathaus, wurde gleich in der ersten Nummer karikiert. Thema war die Überstunden-Affäre. Was dem kleinen städtischen Arbeiter verwehrt wurde, nämlich die Bezahlung von Überstunden, lief bei den Lieblingen des OB problemlos. Eine Nummer, fast wie im wirklichen Leben. So konnte am Schluss auch noch der Galerieleiter seine Überstunden mit den Minusstunden des Baubürgermeisters verrechnen – und alle im Rathaus waren glücklich.

Närrisches für Hästräger bot die Persiflage um die Villinger Narrostüble. Hier wurden beide Bühnenebenen im Wechsel bespielt. Während sich oben im etablierten Honoratioren-Stüble die Narros langweilten, ging im Unterweltstüble der Punk ab.

Mit „Shisha-Rauchen für Narros“, einem Strählkurs auf Bayrisch und anderen Abstrusitäten.

Absoluter Höhepunkt der Sprech-Auftritte war die „Fälscher-Werktstatt“ im Villinger Untergrund. Hier wurden Silberfüchse fürs Narrohäs zu Rotfüchsen umlackiert, das nachweislich getürkte Gründungsdatum der Historischen Narrozunft von 1584 auf das Jahr „1584 vor Christus“ korrigiert und endlich auch der neue Katerbrunnen für die Villinger Katzenmusik fertig gestellt. Der Auftritt war eine Paraderolle für Zunftball-Regisseur Alex Brüderle und seinen kongenialen Partner Oliver Kienzler, übrigens ein Schwenninger. Sie glossierten sich frech durchs Ortsgeschehen, ein Gag jagte den nächsten, so gab es gefälschte Porträts der Stadträte Berweck als „Alter Fritz“ und Ernst Reiser als „Napoleon von Nordstetten“. Und auch Bürgermeister Fußhoeller musste als „Hagel-Goethe“ vor den „Ruinen der Stadt“ posieren.

Eine gelungene Nummer, getragen vor allem vom Bühnen-Nachwuchs der Zunft, war das Thema des neuen Landes-Gefängnisses, dass in VS gebaut werden soll. Im Knast begrüßte der OB „die neuen Mitbürger von Villingen-Schwenningen“ mit den Worten: „Schön, dass Sie sich entschieden haben, bei uns zu bleiben.“ Viel zu lachen gab es auch bei den Männern der Technischen Dienste, die, unüberhörbar mit Migrationshintergrund, im Untergrund tätig waren, um die Schlaglöcher in der Waldstraße nach oben zu drücken, ebenso die Blumen in den Grünanlagen. Bei diesem Multi-Kulti-Spaß blieb kein Auge trocken. Quer durchs Ortsgeschehen ging es auch bei den Kanalratten samt Spitzmaus im Untergrund sowie der neuen U-Bahn in Villingen-Schwenningen, ein witziger Streifzug durch die Doppelstadt. Bei so viel Zuhörern sorgten die Zunftballetts für die nötige Erholung. Die Tanznummern gehören seit Jahren zu den Höhepunkten des Balls und wurden auch dieses Jahr wieder umjubelt.
Und dann war da noch die obligatorische Gesangsnummer des Abends. Als Engel und Teufel begeisterten die Barden Rolf Kübeler, Manfred Roth, Hans Vosseler, und Peter Metzger sowie Michael Willmann am Cajon. Für ihren pointierten Text zu den Streitereien im VS-Gemeinderat gab es mehrfach Zwischenapplaus. Richtig stark. Der Zunftball hat wieder Laune gemacht.