Narrozunft logiert im Hotel Blume-Post
2015
Nach diesem Wochenende werden die Villinger ihrem Hotel Blume-Post noch mehr hinterher trauern: Jetzt, wo die Zunft mit ihrem Ballprogramm so witzig-spritzig gezeigt hat, was in diesem Hotel alles los ist, was dort für Gäste logieren und wie außergewöhnlich der Service und der Wellness-Bereich ist, wäre die Blume-Post sicher restlos ausgebucht. Touristen aus Amerika, Russland und China steigen in dem Hotel ebenso ab, wie das Gesangstrio „Los dres Cantante del Spitelos“. Ein Rentner-Stammtisch trifft sich im Hotel, die Ratsfrauen gönnen sich einen Wellness-Tag mit Narrorollen-Klangmassage und Lindenholz-Aufgüssen in der Sauna und natürlich scheucht ein Feueralarm die Gäste auf.
Die Idee: Einfach klasse, den ganzen Ball kurzerhand ins Hotel Blume-Post zu verlegen. Etwas nostalgisch angehaucht die Kulisse mit einer Treppe und verschiedenen Zimmertüren. Dreh- und Angelpunkt ist die Rezeption mit einem altmodischen Stehpult, wo Clemens Wursthorn und Andi Dörflinger die buntschillernde Gästeschar am Fasnetsmentig empfangen. Das bewährte Regie-Duo Anselm Säger und Alexander Brüderle hat dem Hotel auf geniale Art und Weise den „Fasnetsgoascht“ eingehaucht und so zum Leben erweckt.
Der Jungfere-Faktor: Auffallend oft tauchen die Alt-Jungfere im Programm auf. Die echte Jungfere-Truppe kommt im Saal aus dem Staunen gar nicht mehr raus, als Anselm Säger als Margot Schaumann ein geheimes Treffen mit dem Schwenninger Zunftmeister Martin Wittner (Olli Kienzler) in der Blume-Post hat. Die beiden bereiten sich als Paten auf die Übergabe des Katerbrunnens vor. Noch größer werden die Augen, als sich die bieder-behäbige Stammtisch-Truppe Uwe Waldvogel, Christoph Bachert, Gerri Hahn, Rolf Ade und Joachim Fuchs mit originellen Accessoires in die Alt-Jungfere verwandelt. „Der sieht aus wie ein Äffchen im Kleid“, lacht Prinzessin Kiri Lauterbach über ihr Pendant auf der Bühne. Als sich Lisa Langenbacher als Evi Blaser mit frechen Sprüchen um die Stelle des Baubürgermeisters bewirbt, ist die echte Evi Blaser glatt sprachlos. Aber bei der Idee, aus dem Haux-Gebäude ein Alt-Jungfere-Haus zu machen, strahlt sie über das ganze Gesicht.
Der Nachwuchs: Es zahlt sich aus, dass die Regisseure seit Jahren konsequent dem Nachwuchs eine Chance auf der Bühne gibt und die Jungen ganz selbstverständlich große Teile des Programms gestalten. Respekt vor der Leistung der Richter-Brüder, Marius Stadler, Christof Ade, Fabian Mauch, Pauline und Quirin Säger, um nur einige zu nennen, die frech-pointiert die Kommunalpolitik auf die Schippe nehmen. Über die Jahre sind sie in ihre Rollen hineingewachsen, haben an Selbstvertrauen gewonnen und nehmen kein Blatt vor den Mund. Die ganze Truppe nötigt einem Respekt ab: Es gehört einiges dazu, auf der Bühne zu stehen und hunderte von Zuschauern zu unterhalten. Das muss man erst mal können: Als Feuerwehrgruppe beim Einsatz kurzzeitig den Faden verliert und ganz lässig wie Christof Ade sagen: „Jetzt stehen wir auf dem Schlauch“. Der Saal tobt und aus einer kleinen Panne wird ein durchschlagender Erfolg. Auch die Findungskommission auf der Suche nach einem neuen Baubürgermeister sprüht vor Esprit und guten Ideen. Der Knaller des Abends kommt vom jüngsten Richter-Sproß Linus: Als Feuerwehrkommandant Ralf Hoffmann sagt er zu Alexander Brüderle als Feuerwehrmann: „Siehsch du junger Soacher, von uns alten Hasen kasch noch was lernen.“
Die besten Gags: Erfrischend an den Nummern ist, dass die Zunft sich selbst auf die Schippe nimmt: Wenn Alina Wöhrle als Frau Zunftmeister über die Vergesslichkeit ihres Vaters Joachim lästert ist das einfach herrlich. Auch Sprüche wie: „Bei der Zunft gibt es für alles Wartelisten: Karten, Häser, Kinder“ sorgen für Heiterkeit. Roland Weißer als Putzfrau lästert: „Die Die Ratsherrn brauchen keine Schuhe mehr. Nach dem vielen Lob für die Renovierung der Zehntscheuer schweben die nur noch."
Die Tanznummern: Das Kinderballett als Schwarzwald-Mädels, die Jugend als Köche: Mit kreativen Kostümen und mitreißenden Choreografien sind die Tanznummern immer Höhepunkte des Balls. Das Zunftballett wirbelt als Hotelpagen und Cancan-Tänzerinnen über die Bühne und sorgt für ordentlichen Schwung im Saal. Tolle Arbeit von Sabrina Mauch und Jana Metzger, die das Kinderballett betreuen, Isabel Roth (Jugendballett) und Janine Roth (Zunftballett).
Die Gesangsnummern: Als „Los dres Cantante des Spitelos“ waren Anselm Säger, Matze Reiner und Olli Kienzler eine Art „Running Gag“ des Abends: Immer wieder tauchen sie in der Rezeption auf, völlig begeistert von „ganz große Karneval“ und stimmen Lieder der Spittelsänger an. Als Geister vom Hotel singen Hans Vosseler, Rolf Kübeler, Manfred Roth und Peter Metzger von verstorbenen Stars wie Michael Jackson, Marylin Monroe und Elvis Presley. Das Publikum ist begeistert und der Applaus steigert sich noch, als die Sänger dann Baubürgermeister Rolf Fußhoeller musikalisch verabschieden. Eine starke Truppe, die immer einen fulminanten Schlusspunkt setzt.
Die Stimmung: Ausgelassen und fröhlich. Für die Akteure gibt es bereits am Freitag stehende Ovationen und die Tanzfläche füllt sich nach Programmende in Sekundenschnelle. Bis in die frühen Morgenstunden wird gefeiert und mancher würde wohl gerne in der Blume-Post übernachten, anstatt sich auf den Nachhause-Weg im kalten Schnee zu machen.