menu +
Der gesellschaftliche Werteverfall macht auch vor der Narretei nicht halt. So beklagen die heimischen Brauchtumshüter inzwischen selbst beim erhabenen Villinger Narro unübersehbare Kratzer am Image des „Aristokraten der schwäbisch-alemannischen Fasnet“. Grund: Immer mehr Maskenträger lüften vor und nach den Umzügen ihre Schemen und geben damit ihre Anonymität preis.

Zunft-Kammerverwalter Richard Braitsch und Zunftmeister Joachim Wöhrle präsentieren den Entwurf eines Banners, der die Maschgere daran erinnert, dass man sich an der Fasnet nur mit Scheme in der Öffentlichkeit bewegt. Bild: rob

Für echte Narren eine Todsünde wider das närrische Brauchtum. Mit einer Aufklärungs-Kampagne versucht nun die Zunft, dem Sittenverfall Einhalt zu gebieten. Allerdings nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern den Mitteln der Narretei: mit Satire und Humor.

Immer öfter beobachten Kenner und Liebhaber der tradierten Fasnet, dass die „Maschgere“, so nennen die Villinger ihre Maskenträger, auf dem Weg zu den Umzügen am Fasnetsmontag und -dienstag ihre Scheme nicht vor dem Gesicht haben und damit für jeden Umzugsbesucher identifizierbar sind. „Das stellt die Fasnet auf den Kopf“, ärgert sich Zunftmeister Joachim Wöhrle.

Auch nach den Umzügen ein ähnliches Bild: Als erste Amtshandlung ziehen viele Narros, Stachis oder Murbele hinter dem Riettor die Scheme vom Gesicht, haben die Zigarette im Mund oder das Handy am Ohr, statt sich ins nächste Narrostüble zu begeben, wo ihre Anonymität gewahrt bleibt. Derlei Unsitten haben sich zunehmend ausgebreitet. „So was geht gar nicht“, beklagte jüngst Hansjörg Voggenreiter, der Vorsitzende des Brauchtumsausschusses der Narrozunft. Die Ratsherren haben daher gegrübelt, wie sie die Maschgere „für die richtige Pflege des Brauchtums sensibilisieren können“.

Bei den Elzacher Schuttig, ebenfalls eine schwäbisch-alemannische Traditionsfigur, werden Verstöße gegen das Vermummungsgebot bis heute recht rustikal geahndet: Wird ein Schuttig ohne Maske auf der Straße erwischt, tauchen ihn seine Kameraden bei winterlicher Kälte gnadenlos in den nächsten Bach oder Brunnen. In Villingen scheut man angesichts der sehr teuren Narrohäser aber vor derlei drastischen Maßnahmen zurück. Es könnte für den Verein teuer werden.

Die Zunft versucht's daher mit Aufklärung und hat jetzt ein Banner entworfen, auf dem die Maschgere in lustigen Karikaturen aufmerksam gemacht werden, „wie's richtig goht und wie nit“. Am Mittwoch präsentierte die Zunft einen Entwurf, der von Ratsherr Uwe Waldvogel gestaltet wurde. Das Banner wird am Samstag in der Oberen Straße zwischen Parfümerie Butta und Haux aufgehängt. Ob's hilft? Wenn nicht, bliebe ja immer noch die Alternative mit der Brigach...