Einen Hochgenuss für alle, durch deren Adern närrisches Blut fließt, erlebten am Samstag 850 Besucher im Theater am Ring. Dort versammelte sich die Crème de la Crème der Saalfastnacht zwischen Schwarzwald, Breisgau und Bodensee. Die historische Narrozunft Villingen lud zu einem Benefizabend für den Umbau der Zehntscheuer. Das Theater am Ring mutierte zur Narrenhochburg, als Bühnenstars der Fasnet wie „Die Kuh vom Land“, „Ignaz und Severin“ und die „Spittelsänger“, ein mehr als fünfstündiges Programm präsentierten und die Lachmuskeln des Publikums ein ums andere Mal auf das Äußerste strapazierten.
Keine Frage, der Abend war für die närrisch kostümierten Besucher gleich in doppelter Hinsicht ein besonderer Genuss. Nicht nur, dass an einem Abend die prominente Obrigkeit der Narretei geballt auftrat und, sofern das überhaupt möglich ist, zu der Benefizveranstaltung vor vier Jahren noch einmal eine ordentliche Unterhaltungsschippe drauflegten.
Sondern auch, weil die Veranstaltung bereits im Vorfeld für mächtigen Wirbel gesorgt hat, weil keine einzige Eintrittskarte in den regulären Vorverkauf kam, sondern sämtliche Tickets bereits zuvor von Zunftmitgliedern weitergegeben wurden. Und dass sich die Besucher somit zu den „Privilegierten oberen 900 der Stadt“ zählen durften, wie es einer der Redner des Abends trefflich formulierte. Das Thema wurde vom einen oder anderen Akteur hübsch verpackt in Sketchen und Büttenreden, mehrfach kolportiert.
Selbst die beiden Moderatoren des Abends, Ratsherr und Narrenzeitungsredakteur Dieter Wacker und Ehrenzunftmeister Klaus Hässler, nahmen sich damit auf die Schippe. Das Duo führte mit spitzer Zunge durch das Programm und Hässler, im „wahren Leben“ Geschäftsführer der Helios-Arena, versprach, dass so ein Faux Pas nicht mehr vorkommen werde: „Die nächste Benefizveranstaltung findet in der Helios-Arena statt.“
Um das Publikum gleich zu Beginn in Stimmung zu bringen, heizten die „Jungs vom Bodensee“ ordentlich ein. Mit ihrem Bodensee-Gute-Laune-Hit „Wenn ich den See seh', brauch ich kein Meer mehr“, trafen Alex Tylla und Reiner Jäckle den Nerv der Besucher und es dauerte nicht lange, bis die erste Reihe eine Polonaise durch den Saal machte. Ihr Fett weg bekam die Narrozunft durch „Ignaz und Severin“ alias Thomas Höfler und Markus Kuttruff.
Dem Duo aus Donaueschingen blieb nicht verborgen, dass sich die Narrozunft bei ihrem Gründungsjahr mal eben um 340 Jahre vertan hat. Somit sei der Donaueschinger Hansel mehr als 100 Jahre älter und es würde sie nicht verwundern, wenn der Narro letztendlich vom Hansel abstammen würde. Einen Ausflug aufs Land unternahmen Dieter Czeke und Walter Ebner. Die von der Villinger Kneipenfasnet bekannten „Los Ämol“ aus Pfaffenweiler boten einen musikalischen Einblick in das Landleben von Bauern und Landfrauen.
Wenngleich sich die Narrozunft geehrt fühlte, dass alle Akteure des Abends spontan zusagten, unentgeltlich für den guten Zweck, nämlich zur finanziellen Unterstützung des Umbaus der Zehntscheuer aufzutreten, so war es für die Akteure selbst eine Ehre, überhaupt eingeladen worden zu sein. Selbst gestandene Fasnachter wie Lothar Rapp, seines Zeichens Träger des Allefanzordens und Kultfigur der Radolfzeller Fasnet, und Sigrun Mattes in ihrer Paraderolle als „Kuh vom Land“, die über das Alter sinnierte und gegen Jugend- und Schlankheitswahn polterte, folgten der Einladung fast schon ehrfürchtig. „Einmal in Villingen auftreten und man kann ein Buch schreiben; Ich habe gelebt'“, beschrieb Lothar Rapp.
Das Publikum bewies enormes Durchhaltevermögen. Unterbrochen von einer halbstündigen Pause gaben sich die Akteure mehr als fünf Stunden nonstop bis weit nach Mitternacht die Klinke in die Hand. Und das Publikum lauschte bei den Bänkelliedern der Donaueschinger „Stadtstreichler“, klatschte und schunkelte bei den Liedern des Konstanzers Marcus Nabholz, und staunte bei der Freiburger „Weinkönigin“ Reiner Frauenhofer, der in seiner Paraderolle als „Mariechen“ in kürzester Zeit einer ganzen Flasche edlen Rebensaftes den Garaus machte.
Den Abschluss des rundum gelungenen Narrenabends bereiteten die Spittelsänger Hans Messmer und Bene Sauter mit ihren Liedern.